, , Ritualmord in Beziehungsgeflechten. Juden und Christen im süddeutschen Raum in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts (S. Schmitt) - Jüdische Geschichte und Kultur - LMU München
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Ritualmord in Beziehungsgeflechten. Juden und Christen im süddeutschen Raum in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts (S. Schmitt)

Der Ritualmordvorwurf, der im Jahre 1476 gegen die jüdische Gemeinde Regensburgs erhoben wurde, steht mit seinen vielfältigen Auswirkungen im Zentrum des Promotionsvorhabens. Dazu werden die Einflüsse des Vorwurfs auf die religiösen, sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Beziehungsgeflechte der Stadt umfassend analysiert. Diese Beziehungen wurden durch den Vorwurf aktiviert, neu geknüpft, zerstört oder verstärkt. Die Anklageerhebung führte zur ersten schweren Krise der jüdisch-christlichen Beziehungen in Regensburg, prägte aber im Folgenden auch die Beziehungen innerhalb der christlichen und der jüdischen Gemeinde. Deren Machtverhältnisse, Strukturen und Identitäten, die bezüglich ihrer Bedeutung für das Aufkommen des Vorwurfes zu hinterfragen sind, veränderten gleichermaßen den Charakter des Vorwurfs und seine Entwicklung tiefgreifend. Dieses Wechselverhältnis wird durch die dezidierte Betrachtung dreier Beziehungssysteme der Stadt, des christlichen, des jüdischen und des jüdisch-christlichen, an sich und in ihrem Verhältnis zur Anklage erkennbar. Diese Beziehungen prägten auch den eher ungewöhnlichen Ausgang des Prozesses, der mit der Freilassung der beklagten Juden endete. Die überregionalen Verbindungen Regensburgs werden in den Folgen der Anklage für die Beziehungen der Stadt und ihrer Bewohner nach Süddeutschland, Italien und Böhmen sichtbar. Diese Auswirkungen werden mit den Charakteristika anderer zeitgenössischer Ritualmordvorwürfe in Süddeutschland in einem weiteren Schritt verglichen. Im Mittelpunkt steht somit die systematische Bedeutung des speziellen Kasus und damit die Frage, welche Veränderungen ein schwerwiegender Vorwurf in Beziehungsgeflechten zwischen religiöser Mehrheit und religiöser Minderheit im gemeinsamen Raum und dadurch auch innerhalb dieser Gruppen hervorruft und wie diese Beziehungen die Entstehung und den Verlauf einer solchen Anklage prägen. Dazu wird zunächst durch umfangreiche Sichtung und Auswertung hebräischer, jiddischer, lateinischer und frühneuhochdeutscher Quellen Grundlagenforschung betrieben.

Dissertationsprojekt von Sophia Schmitt sophia.j.schmitt@gmail.com

Betreuerin: Prof. Dr. Eva Haverkamp