Die Kabbalah in der Wissenschaft des Judentums

In den letzten Jahren haben sich die ersten Risse in der Theorie aufgetan, Gershom Scholem wäre der Pionier auf dem Gebiet der wissenschaftliche Erforschung der jüdischen Mystik: Immer deutlicher wird, dass die Wissenschaft des Judentums schon im 19. Jahrhundert intensive Forschung auf dem Gebiet der Kabbala und der jüdischen Mystik betrieben hat – und dass damit die Legende von der Vernachlässigung und sogar des Hasses der Wissenschaftsbewegung gegenüber der mystischen Tradition des Judentums ("um Gunst in den Augen der Deutschen zu finden") nicht mehr stichhaltig ist. Aber das wahre Ausmaß dieses Unternehmens deutsch-jüdischer Gelehrter – ihrer wissenschaftlich-kritischen Annäherung an die Kabbala – ist noch nicht bekannt. Der Vortrag gibt einen Überblick, was die führenden Persönlichkeiten tatsächlich erreicht haben: Landauer, Jellinek, Jost, Graetz, Steinschneider und andere. Es soll gezeigt werden, dass viele der ersten Kabbala-Gelehrten zwar tatsächlich den theologischen Wert von Mystik für das Judentum bestreiten, dass diese Tatsache aber nur sehr selten Einfluss auf ihre Motivation zu forschen und Kabbala zu diskutieren hatte. In diesem Licht erweist sich die frühe Kabbala-Forschung als aufschlussreicher Testfall für das Verständnis der Wissenschaftsbewegung selbst, das heißt für ihre methodischen und kulturellen Grundlagen.

Dr. George Y. Kohler ist Professor für neuzeitliche jüdische Religionsphilosophie und Direktor des Joseph-Carlebach-Instituts an der Bar Ilan Universität in Ramat Gan, Israel. Seine Forschung konzentriert sich auf das deutsch-jüdische Denken im 19. Jahrhundert, auf die theologischen Schriften der Wissenschaft des Judentums und auf jüdisch-christliche Debatten im selben Zeitraum. Neben zahlreichen wissenschaftlichen Aufsätzen zu diesen Themen hat er 2012 eine Monographie zur Wiederentdeckung der Philosophie des Maimonides im jüdischen Denken des 19. Jahrhunderts veröffentlicht, 2013 eine kommentierte Quellensammlung zur modernen Transformation des jüdischen Messianismus und 2019 eine Studie zu den Anfängen der Kabbalah-Forschung in der Wissenschaft des Judentums.

Im Sommersemester 2021 hat Herr Prof. Dr. Kohler die Gastprofessur für Jüdische Kulturgeschichte an der Universität Augsburg inne.

Um die Zugangsdaten zu erhalten, ist eine Anmeldung bis zum 06. Juli 2021 unbedingt erforderlich: juedische.geschichte@lrz.uni-muenchen.de